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Gast
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Annikas körperliche Entwicklung stoppte im Alter von ca. 9 Monaten; als sie ungefähr 15 Monate alt war, verlernte sie die wenigen Worte, die sie bis dahin gesprochen hatte. In diesem Zeitraum waren wir auch bei etlichen Ärzten, die mich einfach nicht ernst nahmen (Zitate: "es gibt Mütter, die meinen, weil sie Abitur hätten müssten sie Wunderkinder haben" und "beim ersten Kind macht man sich immer verrückt").
Durchschlafen war ein Fremdwort für uns; jede Nacht musste ich 10-20 mal zu Annika und sie wieder hinlegen, weil sie schreiend im Gitterbett stand oder sich in den Gittern verheddert hatte. Während dieser ganzen Zeit schrie Annika jeden Tag 1-2 Stunden laut und schrill, und unsere Nerven lagen blank.
Der Kinderarzt überwies uns deshalb an die Kinderklinik. Der damalige Chef untersuchte nicht lange und wollte uns eine Frischzellenkur aufdrängen. Auf Nimmerwiedersehen
Als die Sprache verloren ging, entwickelte sie sich körperlich sehr langsam weiter. Die Handfunktion ging nach dem 2. Lebensjahr zurück; in dieser Zeit erlernte sie das Laufen. Sie war dann ständig auf den Beinen und "rannte" mit großen Schritten, lautem Schreien und Händeklatschen von einer Wand zur anderen - sie konnte überhaupt nicht mehr still sein oder ruhig sitzenbleiben.
Irgendwie schwankte Annikas Entwicklung ständig: wenn sie eine Fähigkeit verlor, kam etwas Neues hinzu.
Annika wurde dann - 10 Monate nachdem ich zum erstenmal Auffälligkeiten feststellte! - endlich an die Frühförderstelle überwiesen, die uns zur Diagnostik nach Frankfurt in die Uni-Klinik schickten. Dort war Annika in einem Schlafsaal mit 7 anderen Kindern untergebracht; das Gitter ihres Bettes war vielleicht 20 cm hoch, sodass ich bei jedem Scheppern von meiner mitgebrachten Liege aufstehen und Annika wieder hinlegen musste. Mütter mussten sich selbst verköstigen (seitdem kann ich keine Fertigsuppen mehr sehen) und nachts schaltete die Nachtschwester das große Deckenlicht an, wenn sie nach den Kindern schaute. Nach 2 Wochen Quälerei packte ich meine Sachen zusammen und verabschiedete mich ziemlich frustriert: keine Diagnose
Als Annika 3 Jahre alt war, machte ich mit ihr eine Mutter-Kind-Kur. Ich warnte die Betreuerinnen dort, dass Annika sehr unruhig sei und nichts in Greifweite liegen lassen konnte. Zitat: "jaja, das kennen wir schon. Machen Sie sich keine Gedanken". Einen Tag später: "morgen kommt ein Zivi als Einzelbetreuung für Annika" . Mensch, tat das gut, dass andere Leute mit dieser extremen Unruhe auch Probleme hatten; ich kam mir ja zuvor völlig unfähig vor!
Nach der Kur kam Annika in die SVE und ich wollte die dadurch gewonnene Zeit eigentlich gut nutzen. Es dauerte jedoch mehr als ein halbes Jahr, bis ich dazu in der Lage war, weil ich die meiste Zeit entweder oder einfach nur zum Fenster 'rausstarrte. Annika dagegen blühte richtig auf und freute sich jeden Tag, wenn der Bus kam.
Als Annika sich in der SVE richtig eingelebt hatte, sprachen mit die Betreuerinnen an, dass Annika epileptische Anfälle hätte, und dass wir doch zum EEG und zur Behandlung in die Kinderklinik gehen sollten.
Nein - da waren wir doch schon, da gehen wir nicht mehr hin! Und außerdem war das erste EEG doch in Ordnung. Annikas Betreuerinnen brauchten schon eine -Geduld, um mich davon zu überzeugen, dass eine Behandlung wichtig sei; und so machten wir uns zum zweiten Mal auf den Weg in die Kinderklinik.
Inzwischen war der "Frischzellen-Chef" pensioniert, und der neue Chef hatte auch schon in Göttingen gearbeitet. Der sah sich Annika kurz an, hörte sich unsere lange Geschichte an und sagte, dass er einen Verdacht hätte. Ich muss gestehen, ich glaubte kein Wort davon und wollte nur die Untersuchungen mit Annika schnell überstehen und wieder Alltag haben.
Wir waren dann eine Woche in der Kinderklinik mit diversen Untersuchungen und Beginn der medikamentösen Einstellung mit Valproat. Im Juli 1987 erhielten wir dann - 10 Tage nach Annikas 4. Geburtstag - die Diagnose Rett-Syndrom. Der Stationsarzt gab mir alle ihm damals zugänglichen Informationen über das Rett-Syndrom: 2 DIN A 4 Seiten! Nur 6 Wochen später, im August 1987, wurde in Göttingen die Elternhilfe gegründet. Als ich damals die anderen Rett-Mädchen sah, erkannte ich in jedem von ihnen ein Stück Annika
Die Diagnose Rett-Syndrom war einerseits hart, weil es keine heilende Therapie gab und gibt, auf der anderen Seite war endlich der Druck verschwunden, dass Annika doch endlich dies und jenes können müsste. Und durch die Elternhilfe haben wir "unser" passendes Umfeld und viele nette Menschen gefunden
Durchschlafen war ein Fremdwort für uns; jede Nacht musste ich 10-20 mal zu Annika und sie wieder hinlegen, weil sie schreiend im Gitterbett stand oder sich in den Gittern verheddert hatte. Während dieser ganzen Zeit schrie Annika jeden Tag 1-2 Stunden laut und schrill, und unsere Nerven lagen blank.
Der Kinderarzt überwies uns deshalb an die Kinderklinik. Der damalige Chef untersuchte nicht lange und wollte uns eine Frischzellenkur aufdrängen. Auf Nimmerwiedersehen
Als die Sprache verloren ging, entwickelte sie sich körperlich sehr langsam weiter. Die Handfunktion ging nach dem 2. Lebensjahr zurück; in dieser Zeit erlernte sie das Laufen. Sie war dann ständig auf den Beinen und "rannte" mit großen Schritten, lautem Schreien und Händeklatschen von einer Wand zur anderen - sie konnte überhaupt nicht mehr still sein oder ruhig sitzenbleiben.
Irgendwie schwankte Annikas Entwicklung ständig: wenn sie eine Fähigkeit verlor, kam etwas Neues hinzu.
Annika wurde dann - 10 Monate nachdem ich zum erstenmal Auffälligkeiten feststellte! - endlich an die Frühförderstelle überwiesen, die uns zur Diagnostik nach Frankfurt in die Uni-Klinik schickten. Dort war Annika in einem Schlafsaal mit 7 anderen Kindern untergebracht; das Gitter ihres Bettes war vielleicht 20 cm hoch, sodass ich bei jedem Scheppern von meiner mitgebrachten Liege aufstehen und Annika wieder hinlegen musste. Mütter mussten sich selbst verköstigen (seitdem kann ich keine Fertigsuppen mehr sehen) und nachts schaltete die Nachtschwester das große Deckenlicht an, wenn sie nach den Kindern schaute. Nach 2 Wochen Quälerei packte ich meine Sachen zusammen und verabschiedete mich ziemlich frustriert: keine Diagnose
Als Annika 3 Jahre alt war, machte ich mit ihr eine Mutter-Kind-Kur. Ich warnte die Betreuerinnen dort, dass Annika sehr unruhig sei und nichts in Greifweite liegen lassen konnte. Zitat: "jaja, das kennen wir schon. Machen Sie sich keine Gedanken". Einen Tag später: "morgen kommt ein Zivi als Einzelbetreuung für Annika" . Mensch, tat das gut, dass andere Leute mit dieser extremen Unruhe auch Probleme hatten; ich kam mir ja zuvor völlig unfähig vor!
Nach der Kur kam Annika in die SVE und ich wollte die dadurch gewonnene Zeit eigentlich gut nutzen. Es dauerte jedoch mehr als ein halbes Jahr, bis ich dazu in der Lage war, weil ich die meiste Zeit entweder oder einfach nur zum Fenster 'rausstarrte. Annika dagegen blühte richtig auf und freute sich jeden Tag, wenn der Bus kam.
Als Annika sich in der SVE richtig eingelebt hatte, sprachen mit die Betreuerinnen an, dass Annika epileptische Anfälle hätte, und dass wir doch zum EEG und zur Behandlung in die Kinderklinik gehen sollten.
Nein - da waren wir doch schon, da gehen wir nicht mehr hin! Und außerdem war das erste EEG doch in Ordnung. Annikas Betreuerinnen brauchten schon eine -Geduld, um mich davon zu überzeugen, dass eine Behandlung wichtig sei; und so machten wir uns zum zweiten Mal auf den Weg in die Kinderklinik.
Inzwischen war der "Frischzellen-Chef" pensioniert, und der neue Chef hatte auch schon in Göttingen gearbeitet. Der sah sich Annika kurz an, hörte sich unsere lange Geschichte an und sagte, dass er einen Verdacht hätte. Ich muss gestehen, ich glaubte kein Wort davon und wollte nur die Untersuchungen mit Annika schnell überstehen und wieder Alltag haben.
Wir waren dann eine Woche in der Kinderklinik mit diversen Untersuchungen und Beginn der medikamentösen Einstellung mit Valproat. Im Juli 1987 erhielten wir dann - 10 Tage nach Annikas 4. Geburtstag - die Diagnose Rett-Syndrom. Der Stationsarzt gab mir alle ihm damals zugänglichen Informationen über das Rett-Syndrom: 2 DIN A 4 Seiten! Nur 6 Wochen später, im August 1987, wurde in Göttingen die Elternhilfe gegründet. Als ich damals die anderen Rett-Mädchen sah, erkannte ich in jedem von ihnen ein Stück Annika
Die Diagnose Rett-Syndrom war einerseits hart, weil es keine heilende Therapie gab und gibt, auf der anderen Seite war endlich der Druck verschwunden, dass Annika doch endlich dies und jenes können müsste. Und durch die Elternhilfe haben wir "unser" passendes Umfeld und viele nette Menschen gefunden