Bayern e.V. Behindertenbeauftragte wirft ihren Job hin

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Anita Knochner kritisiert Amt als „Feigenblatt der Regierung“ - „Meine Meinung war nicht gefragt“

Von Gudrun Bergmann
München/Rosenheim. Seit 16 Jahren sitzt Anita Knochner im Rollstuhl. Nach einer Tumor-Operation am Rücken konnte sie nicht mehr laufen. Seitdem macht sie sich stark für die Bedürfnisse der Behinderten. Ihr Engagement führte die 39-Jährige bis in die Landespolitik. 2004 wurde sie bayerische Behindertenbeauftragte. Nun aber hat sie diesen Job hingeschmissen - aus Protest.

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Vorwurf: Forderungen wurden ignoriert

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„Dieses Amt ist das Feigenblatt der Regierung“, sagt Anita Knochner. „Ich selber habe einiges getan, um nicht als Feigenblatt wahrgenommen zu werden - aber meine Meinung war überhaupt nicht gefragt.“ Selbst bei der Debatte um das Gleichstellungsgesetz habe sie nichts zu sagen gehabt. Alle 103 bayerischen Behindertenbeauftragten auf kommunaler Ebene hatte sie zusammengetrommelt, um gemeinsame Forderungen zu erarbeiten. Erarbeitet wurden diese auch - anschließend aber von offizieller Seite ignoriert, so ihr Vorwurf.
Anita Knochner ist frustriert. Der Sozialausschuss habe nicht einmal auf ihren Vorschlag reagiert, die Missachtung des Gesetzes zur Barrierefreiheit zu bestrafen. „Das hätte den Staat kein Geld, sondern nur guten Willen gekostet“, sagt die 39-Jährige, die seit diesem Jahr Gemeinderätin in Großkarolinenfeld (Lkr. Rosenheim) ist und seit 2002 im Kreistag sitzt. „Der Landtag hielt nicht einmal eine Anhörung für nötig.“ Für diese Alibi-Funktion wolle sie sich nicht weiter hergeben, sagt Knochner. „Dieses Amt ist zu wichtig, um Spielball im Landtag zu sein. Ich musste Konsequenzen ziehen.“
Am 19. September hat Anita Knochner den Brief geschrieben, in dem sie mitteilt, dass sie unter diesen Bedingungen nicht für eine zweite Amtszeit als Behindertenbeauftragte zur Verfügung steht. Zur Post gebracht hat sie das Schreiben aber erst am Samstag vor der Landtagswahl. „Behindertenpolitik sollte kein Wahlkampfthema sein“, sagt sie.
Ihre Forderung: Das Amt der Behindertenbeauftragten soll nicht weiter im Sozialministerium angesiedelt sein, sondern direkt im Landtag. Nur unter diesen Umständen wäre sie bereit, doch für eine neue Amtszeit zur Verfügung zu stehen. Die Behindertenpolitik beschränke sich nicht auf die Sozialpolitik und gehöre daher auch nicht in dieses Ministerium. „Behindertenpolitik muss ressortübergreifend gemacht werden.“

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Kein Entgegenkommen aus dem Ministerium

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Auch der zugehörige Haushalt sei viel zu gering, kritisiert Anita Knochner. „Es kann nicht sein, dass das dem Land nicht mehr wert ist.“ Bleibt die Möglichkeit, dass die neue Sozialministerin Christine Haderthauer versucht, die Ex- Behindertenbeauftragte zurückzugewinnen. Die Pressemitteilung aus dem Ministerium aber klingt nicht danach: „Sollte Frau Knochner es sich anders überlegen, steht es ihr selbstverständlich frei, sich am laufenden Bewerbungsverfahren zu beteiligen“, heißt es. „Ich bin gerne Behindertenbeauftragte. Aber wenn meine Stimme nichts gilt, will ich es nicht bleiben“, sagt Anita Knochner. „Dafür ist mir meine Lebenszeit zu schade.“

Quelle: PNP-online

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