Ein Hallo aus der Glasglocke

Judith

Erfahrener Benutzer
Ihr Lieben,

gestern gab es hier ein Straßenfest hier in der Weststadt. Von meiner Mutter wusste ich, dass dort eine Lesung von Ursula Eggli geben würde. Sie ist eine schweizer Schriftstellerin, die unter Muskelschwund leidet. Mittlerweile gibt es 10 Bücher von ihr - Geschichten, die zum Nachdenken ebenso anregen, wie einem die Lachtränen in die Augen zaubern. Ich glaube, ich habe selten einen so feinsinnigen und oft auch rabenschwarzen Humor erlebt. Wenn ich mal von unserem im Cafe absehe :z01:.

Heute Morgen trafen wir uns mit anderen lieben Gästen bei meinen Eltern im Garten zum Frühstück wieder ... köstliche Stunden mit Lachs, :glas 08: und jeder Menge Anekdoten. Sie schenkte mir ein Buch, das ich euch ans Herz legen möchte:

"Ein Hallo aus der Glasglocke" von Ursula Eggli und Pia Schmidt.

Auf dem Umschlag steht geschrieben:

"Bis Pia acht war, hatten die Menschen von ihr nur das äußere Bild einer Puppe in einem Rollstuhl, deren Mimik nicht den Umständen entsprachen, deren Hände sich in ständiger zittender Bewegung befanden. Nur die Mutter vermutete, dass da mehr war als eine hübsche Hülle. Doch erst durch das Einsetzen von gestützter Kommunikation erhielt Pia Schmidt endlich die Möglichkeit, mit der Außenwelt Kontakt aufzunehmen ...
In einem Briefwechsel mit der Schriftstellerin und Behinderten-Aktivistin Ursula Eggli, die ebenfalls ihr Leben im Rollstuhl verbringt, vermittelt uns Pia, wie eingekerkert und hilflos sie sich oft in ihrem Körper fühlt Wir erfahren aber auch vom Alltag der beiden ungleichen Frauen, Pia an der Schwelle zum Erwachsenwerden und Ursula im Großmutteralter."


In dem Buch gibt es viele Bilder von den beiden ... und die Bilder von Pia erinnern mich ... wie soll ich sagen ... irgendwie und im besonderen doch sehr an einen :engel_29:.

Für die nächten Rettland's hat mir Ursula angeboten, Texte von ihr zur veröffentlichen. Und das freut mich besonders, weil das wieder ein ganz anderer Blickwinkel ist. Und dazu noch einer mit einem heftigen Zwinkern. Ihr könnt euch auf viele Zuckerle freuen, die zum einen zwar den Ernst erkennen lassen, zum anderen aber auch die Frage aufwerfen: "Wer ist eigentlich Ernst?".

Wer jetzt schon Appetit bekommen hat: www.ursulaeggli.ch
 
Guten Tag, ihr Lieben,

gestern habe ich sehr lange mit Pias Mutter telefoniert - ein wunderbares und tief bewegendes Gespräch auf beiden Seiten. Heute geht sie zu ihrer mittlerweile 21-jährigen Tochter und erzählt ihr davon und dann treffen wir uns so bald es geht. Die junge Dame interessiert mich schon sehr und die Erzählungen über Pia und ihre Entwicklung erinnern mich durchweg an meine Grazie bis zwei Stellen hinterm Komma.

Mir geht ein Satz nicht aus dem Kopf: Bei Pia wurde Rett ausgeschlossen, weil sie nach Einschätzung der Ärzte "zu intelligent dafür sei". Ich weiß, dass viele von Euch beim Lesen dieses Satzes einen hochroten Kopf bekommen werden.
Er zeigt uns aber auch deutlich, dass es für uns in puncto Öffentlichkeitsarbeit und Aufklärung noch ganz viel zu tun gibt, damit dieses "Rett? Ist nix, wird nix" endlich auch aus den Köpfen kommt, in denen sich diese Uralteinschätzung eingenistet hat.

Ich frag Pia mal, ob sie mich und uns dabei unterstützen will. :z01:

Pia schreibt gestützt 6 Wörter pro Minute und ging 9 Jahre aufs Gymnasium :daum3
 
Moin Ihr Lieben :wink:

also ich habe das Buch gelesen. Ich bin überwältigt von den Aussagen in Pias Briefen. Und die Fotos von Pia in dem Buch (aus verschiedenen Altersstufen) erinnern mich alle an meinen :engel_29: Paula.

Liebe Grüße

:146::146::146:
Antje
 
Liebe Bärbel,

da warst ja wieder ein ganz fündiges Füchschen - vielen Dank für die schöne Morgenüberraschung. Auf die Weise habe ich auch Peter Radtke wiedergetroffen, der mir unvergessen ist als Schauspieler in Kafkas "Bericht für eine Akademie".

Die Leseprobe, die die RehaCare auf ihrer Seite hat, ist sicherlich eine der dramatischsten und bittersten Stellen in dem Buch. Sie hat mir als Mutter wieder einen ganz neuen Blickwinkel in die Gefühlswelt meiner Tochter eröffnet. Auch wenn ich nicht weiß, ob sie auch so empfindet wie Pia. Es sind allemal Gedankenschubser, die mir helfen können, meine Tochter noch besser zu verstehen.

Gestern kam ein Päckchen mit 15 Glasglockenbüchern über Pias Mutter bei mir an. Die beiden grüßen herzlich und freuen sich über das Interesse an dem Buch. Wer eines haben möchte, kann es erstmal bei mir bestellen - es kostet 12 Euro plus Porto (schätzungsweise 2,20, eher weniger).
 
Bestellung

Hallo ihr Lieben,:wink:
jetzt habt ihr mich aber neugierig gemacht.

Also liebe Judith, bitte schick mir eins - bin schon sehr gespannt. (deine Kontodaten kannst du mir ja per PN schicken)

Ich weiß zwar nicht, wann ich mir die Zeit nehmen kann, in Ruhe zu lesen - und nicht nur so zwei Seiten bevor mir die Augen zufallen - aber die nächsten Ferien sind ja schon in Sicht:D

Liebe Grüße

Christiane
 
Gestern kam ein Päckchen mit 15 Glasglockenbüchern über Pias Mutter bei mir an. Die beiden grüßen herzlich und freuen sich über das Interesse an dem Buch. Wer eines haben möchte, kann es erstmal bei mir bestellen - es kostet 12 Euro plus Porto (schätzungsweise 2,20, eher weniger).

:love25:Bringst mir eines mit?
 
Liebe Chris,

so schlimm ist das gar nicht, weil das ja immer einzelne Briefe sind, die hintereinander geschrieben sind - also auch bei ultimativem Lesezeitnotstand gut zu schaffen.

Klar schick ich Dir ein Buch und ich hoffe, dass ich das bis zum Wochenende zur Post schaffe.



Liebe Gabi,

am Samstag bring ich die Bücher natürlich mit, mein Kontingent ist allerdings schon kräftig am Schrumpfen, aber Du bist ja eh vorgemerkt :z01:
 
Meins auch! Mein Urlaub kommt allerdings schon bald, 9.Okt. Herbstferien! Dann gehts wieder hoch in den Norden:hop: und Lisa macht alleine Urlaub im Finkennest!:hop::hop:

Da wünsche ich Euch einen wunderschönen Urlaub.
Rosa (eine Freundnin von ihr kommt mit) und ich fahren auch ohne Linda. Wir fliegen nach Nikaragua zur großen Familie von Zulema und besuchen zahlreiche Freunde von mir. Linda wird bei einer Familie wohnen, die Pflegekinder betreut und hin und wieder im Rahmen der Verhinderungspflege auch ein behindertes Kind vorübergehend aufnimmt (für einen absoluten Freundschaftspreis). Linda war dort vor zwei Jahren schon für einen Monat und es ist ihr sehr gut ergangen.
Ich freue mich schon total und weiß, dass ich mich - so weit von allem weg - am besten erholen kann. :hop::gitara::glas 08::kaffeetri .....
 
Ursula Eggli ist in der Nacht zum 2. Mai gestorben

Bern-Bümplitz (kobinet) Die Schriftstellerin und Streiterin für ein gleichberechtigtes Miteinander von behinderten und nichtbehinderten Menschen Ursula Eggli ist in der Nacht zum 2. Mai gestorben.

"Ursula hat uns letzte Nacht (2. Mai) für immer verlassen. Sie ist friedlich eingeschlafen und nicht mehr aufgewacht. Ihre Engel müssen sie heimgeholt haben. Es war ihr Wunsch, dass sie noch eine Weile zu Hause bleiben kann, damit sich alle, die wollen von ihr verabschieden können. Deshalb ist die Türe an der Wangenstrasse 27 in Bern-Bümpliz bis am Sonntagabend (4. Mai) für alle offen, die sich persönlich von ihr verabschieden möchten. Die Beerdigung findet im engen Kreis statt", schrieb Heidi Eggli in einer Mail an den Verteiler, den Ursula Eggli sonst mit ihren Mails mit Neuigkeiten aus ihrem Leben bediente.

"Ursula Eggli wurde 1944 als älteste von drei Geschwistern in einem kleinen Dorf im Kanton Zürich (Schweiz) geboren", heißt es in ihrem Lebenslauf auf ihrer Homepage. Wie ihr jüngster Bruder Christoph hatte sie Muskelschwund, eine zunehmende Muskelschwäche. Seit ihrer Kindheit nutzte sie einen Rollstuhl und bei allen Verrichtungen des täglichen Lebens war sie auf Hilfe angewiesen. Sie stammt aus einer Arbeiterfamilie. Der nicht behinderte Bruder Daniel Eggli, (verstorben 2001) war ein bekannter Gastrokritiker und Herausgeber verschiedener Zeitschriften. Christoph Eggli war bekannt als Maler ausdruckstarker Bilder, in denen er sich mit seiner Behinderung und der Gesellschaft auseinandersetzte. In Folge zunehmender Behinderung ist er nicht mehr in der Lage zu malen. Seit 2000 lebt er in Bali.

"Die Schulzeit verbrachte Ursula Eggli in einem Heim für mehrfach behinderte Kinder bei St. Gallen. Dann lebte sie 14 Jahre bei ihren Eltern und verbrachte die Zeit mit Kärtchen und Kleiderbügeln bemalen. 1969 gründete sie den Ce Be eF (Club Behinderter und ihre Freunde) eine Selbsthilfeorganisation, die sich zur Aufgabe setzt, die Situation von Behinderten und Nichtbehinderten in unserer Gesellschaft zu verbessern. Ursula Eggli leitete den Verein bis Herbst 1981. 1990 wurde sie zum Ehrenmitglied ernannt", heißt es im Lebenslauf.

Ende 1973 zog sie in eine Wohngemeinschaft Behinderter und Nichtbehinderter in Burgdorf, die auf ihre Initiative hin entstanden ist. Anfangs 1977 löste sich die Wohngemeinschaft auf und Ursula Eggli wechselte in ein Behindertenheim in Bern. Ende 1977 erschien ihr erstes Buch "Herz im Korsett", Tagebuch einer Behinderten, das in Deutschland und in der Schweiz großen Erfolg hatte. Seit März 1981 lebte Ursula Eggli wieder in einer Wohngemeinschaft in Bern. 1982 gründete sie mit ihrer Freundin Rita Hubrich zusammen den RIURS Verlag, um ihre weiteren Bücher selber herauszugeben. 1985 erhielt sie den Förderungspreis der Stadt Bern. 1987-1991 war sie Mitglied der Literaturkommission Bern und 1990 Mitbegründerin und Mitarbeiterin im Vorstand des Netzwerk schreibender Frauen.

1998 wurde die WG umgewandelt in eine Hausgemeinschaft und Ursula Eggli organisierte fortan ihren Haushalt mit Hilfe von persönlicher Assistenz selbst. Sie war Mitglied von AdS (Autorinnen und Autoren der Schweiz), des Schriftstellervereins Bern und verschiedener Behinderten- und Frauengruppierungen. Aktiv war sie zudem in der Frauen-, Behinderten-, Homosexuellen- und Schriftstellerinnenbewegung. Die Organisation von Ferien und Reisen für Behinderte und Nichtbehinderte sowie die Leitung von Lagern für behinderte Kinder gehörten ebenfalls zu ihren Aktivitäten. Ursula Eggli war aber vor allem eine sehr herzliche Person, die diejenigen, die sie kannten, sehr vermissen werden und diejenigen, die sie vielleicht noch kennen gelernt hätten, sicherlich vermissen würden. omp

Quelle: kobinet
 
Am 1. Mai erreichte mich noch Ursulas April-Maimailchen, in dem sie in ihrer erfrischenden, lebendigen, gewitzten und liebevollen Art von ihrem bewegten Leben im April erzählte: "Ein sehr schöner Monat, auch ein sehr melancholischer, schmerzhafter: Überall, wo ich mit der Stimme gearbeitet habe, musste ich mich verabschieden ..." Ursulas Stimmbänder konnten seit einigen Monaten ihren Gedanken nicht mehr in gewohnter Leichtigkeit die Töne verleihen, die so viele an und von ihr geliebt hatten. Sie gestand weiter, dass sie wettermäßig genug vom April habe und freute sich auf den Mai. Einen Tag später schlief sie friedlich für immer ein.

Salü Ursula :blume76:
 
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