Spastik Harnblase und Beckenboden

Herta

Interessierter Benutzer
hallo liebe Eltern,

hat jemand Erfahrungen mit Spastik der Harnblase und / oder Beckenboden?

Es fing schleichend an, hab auch hier im Forum öfter mal dazu geschrieben. Anfangs um die Pubertät herum oft auffällig lange trockene Windel, oft in Verbindung mir Schreien, Verdacht auf Schmerzen, bis man mal selbst auf den Zusammenhang kommt :ham:- Weinen - Blase - Harnstau - Schmerzen...

Es wurde aber schlimmer, ich fand Wege damit umzugehen z. B. viel Flüssigkeit, fand Wege die Flüssigkeit zuzuführen, oft mussten auch Schmerzmittel eingesetzt werden.

Es gab lange noch keine organischen Veränderungen, z. B. die Urodynamik war 2016 noch unauffällig. Jetzt sind wieder 7 Jahre vergangen und jetzt ist ein schwerer spastischer Befund da in der Urodynamik. Die Blase ist verändert in Forum und Wandstruktur, die Harnröhre verschoben und gekrümmt, der Beckenboden ebenfalls verändert in der Struktur. Die Blase muss gegen diesen Beckenboden ankämpfen, der das Entleeren blockiert.

Es ist so komisch dass ich im Zusammenhang mit Rett-Syndrom die Blasenspastik noch nie so explizit gehört habe. Sind wir wirklich die Einzigen damit? Oder wird es oft nicht erkannt?

Am schlimmsten ist es morgens. Es müssen immense Schmerzen sein.

Gefährdert sind die Nieren, wenn nichts geschieht. Durch Rückstau des Urins nach oben.

Natürlich sind uns jetzt auch Behandlungen empfohlen worden. Die meisten nicht umsetzbar. Als erstes geht es jetzt nach Rummelsberg in die Neuro-Urologie im Querschnitt Zentrum.

lg Herta
 
Hallo liebe Herta,

Ronja, Gila und ich sind in Gedanken bei Dir und Deiner Tochter. Wir hoffen auf Erfolg in Rummelsburg.
LG Gerhard
 
Liebe Ronja, Gila und Gerhard,

danke das tut so gut zu hören.

liebe Grüße Herta
 
Liebe Herta, das liest sich wirklich schlimm.
Ich hoffe sehr, ihr findet eine Möglichkeit, Sofia zu helfen.
 
Liebe Inge,

vielen lieben Dank.
Es ist wirklich ein massiver Befund und bestimmt oft die Ursache für die heftigen Schreiattacken, vor allem morgens und nachts.
Es gibt einige Behandlungsvorschläge
z. B. den Dauerkatheter, eher nicht realisierbar wie ich die Sofia kenne,
Medikamente, sehr schwere Geschütze aus der Ecke der Psychopharmaka und zwar auf Dauer, auch keine Option,
oder eine Operation, wobei der Blasenschließmuskel eingeschnitten wird (Sphinkterotomie) mit dem Ziel, eine Durchlaufblase zu schaffen damit es nicht mehr stauen kann. Das führt zu Inkontinenz.... aber in dem Fall sehe ich hier tatsächlich das kleinere Übel vor allem bei einer Windelträgerin,
bleibt noch die Frage nach dem Botox, und deswegen fahren wir nach Rummelsberg.

Und wenn es zu der OP kommt muss eine geeignete Klinik gefunden werden, die das stationär bewältigen können. Augsburg müsste das erst organisieren, Rummelsberg wäre vielleicht eher drauf eingerichtet. Muss man alles noch klären.

lg Herta
 
Hallo,

heute möchte ich hier weiter berichten. Sofia hat die OP hinter sich und ihr wurde gut geholfen.

Nachdem wir auch noch eine Vorstellung in Rummelsberg gemacht haben, ist dann relativ schnell die Entscheidung gefallen.

Die Wahlmöglichkeiten waren Bauchdecken-Katheter und weitere intra-operative Abklärung im Sinnes eines Stufenplanes, Katheterwechsel alle 6 Wochen. Also eine vorläufige Lösung die reversibel gewesen wäre, was ein guter Ansatz ist aber im Fall von Sofia sehr stressbelastet und kaum umsetzbar. Allein das Handling mit dem Bauchdecken-Katheter, dem Schlauch, dem Beutel, beim Baden, im Alltag.
Eventuelle weitere Optionen inbegriffen wie Botox oder Baclofen je nach Untersuchungsergebnis, was aber jedes seine eigene Problematik hat von Herantasten an die Botox-Therapie bis zu den Nebenwirkungen von Baclofen und den dauerhaft wiederholten Narkosen bzgl. Botox.

Harnröhrenkatheter ohne weitere intra-operative Abklärung, ebenfalls alle 6 Wochen Wechsel, auch reversibel, aber ebenso stressbelastet.

Sphinkterotomie - Endlösung, nicht reversibel. Blasenauslaßresektion. Sehr großzügig geschnitten als Vorbeugung gegen Vernarbung.

Wir haben uns für diese Operation entschieden unter dem Aspekt, dass mit einer einmaligen OP eine Dauerlösung geschaffen wird. Sofia sowieso ein Leben lang Windeln getragen hat, trägt und immer tragen wird. Ihr jede Menge Termine und schmerzhafte Katheterwechsel erspart bleiben. Und die Nieren sofort außer Gefahr sind!

Es gab einen sehr kurzfristigen Termin in Augsburg und so wurde Sofia letzten Freitag schon operiert.

Jede OP und jeder Krankenhausaufenthalt eines Rett-Mädchens sind natürlich schwierig ist, es geht nur mit Begleitung, es geht nur mit Fixierung solange Schläuche und Nadeln im Körper sind, also bis zu 24 Stunden nach der OP wurde Segufix eingesetzt, aber insgesamt lief es viel viel besser als gedacht.

Beim Einchecken ins Zimmer gab es die erste Panikattacke weil Sofia Angst vor Untersuchungsliegen und unbekannten Betten hat. Sie musste mit Hilfsperson in das Krankenhausbett gelegt werden, hat sich dann aber schnell gewöhnt.

Sie kam sofort an die Reihe, ich durfte sie bis zu dem Moment des Einschlafens begleiten. Und sofort in Empfang nehmen beim Rausrollen aus dem OP als sie gerade wach wurde. Es war nötig eine komplette Fixierung mit Segufix zu machen. Trotzdem hat sie es noch geschafft, sich auf der Aufwachstation die Kupplung der Blasenspülung am Spülkatheter abzustrampeln, und das Bett wurde mit Kochsalzlösung überschwemmt.

Nach Bettenwechsel gab es dann keine Probleme mehr, Sofia war sehr ruhig und hat die Situation gelassen ertragen. Nach einiger Zeit schleckte sie schon das Wassereis, das die Patienten als erstes angeboten bekommen. MIttags ging dann schon wieder Fresubin Trinknahrung und abends bereits ein Brot. Die Fixierung der Hände konnte am Abend gelöst werden, die der Beine am nächsten Morgen als der Spülkatheter raus kam.

Am Tag der OP war Sofia durchgehend wach, aber ruhig. Am nächsten Tag hat sie viel geschlafen und schon gut gegessen. Und durfte nach Hause

Sofia ist gut gelaunt, eindeutig schmerzfrei, heute war der erste Morgen seit Jahren ohne Harnstau und sie ist wie ausgewechselt, entspannt und fröhlich.

Es ist jetzt eine neue Pflegesituation, der Windelbedarf wird sich ändern, die Windeln werden gleichmäßig und durchgängig betropft, es muss ein Augenmerk auf die Haut gelegt werden und der Rhythmus des Windel-Wechselns sich erst einspielen. Die Situation ist allerdings jetzt schon viel besser als die vergangenen Jahre und schreien tut sie gar nicht mehr seit der OP und schläft wieder durch.

Ob wir jetzt wirklich den Schlüssel für die ewigen Schreiattacken von Sofia gefunden haben, kann ich jetzt noch nicht sagen.

Aber wenn ein Rett-Mädchen immer und immer schreit, vor allem nachts und gegen Morgen, muss man wirklich Ursachenforschung betreiben und an Schmerzen denken. Es war offensichtlich dass es ein Problem mit Druck im Bauchraum gibt. Druck im Bauchraum kann mindestens drei Ursachen haben - Harnstau, Verstopfung, Blähungen. Die in Wechselwirkung stehen. Alle drei Punkte machen Sofia Probleme. Einen Punkt davon haben wir nun dauerhaft beseitigt, den Harnstau. Wie sich das jetzt auf die anderen ´zwei Punkte auswirkt wird sich zeigen. Natürlich muss man dran bleiben mit Macrogol, die richtige Dosierung finden um Verstopfung zu verhindern und Durchfall und Blähungen zu vermeiden. Das klappt nicht immer so auf den Punkt.

Dann ist da noch die nachgewiesene Spastik an der Blase und dem Beckenboden. Ob die Spastik auch Schmerzen verursacht? Die Spastik ist nicht beseitigt durch diese OP, nur ihre Auswirkung auf die Urinausscheidung.

Jedenfalls hoffe ich dass wir auf einem guten Weg sind, dass es in Zukunft viel weniger Schmerzmittel braucht und Sofia bessere Nächte und schmerzfreies Aufwachen haben wird.

Wir müssen unsere Wege oft selber finden, für unsere Kinder schwere Entscheidungen treffen, fertige Gebrauchsanweisungen gibt es nicht bei Rett.

Vielleicht sollte man grundsätzlich mehr auf die Urologie achten bei einem Kind mit Rett-Syndrom? Es ist eigentlich kein großes "Rett-Thema" unter Eltern, vielleicht weil es wirklich schwer ist diese Zusammenhänge zu erkennen. Ich glaube nach wie vor nicht dass Sofia die einzige ist mit diesem Problem. Tatsächlich habe ich auch schon vereinzelt Rückmeldung dazu von anderen Eltern bekommen, die auch den Harnstau kennen.

lg Herta
 
Liebe Herta,
das liest sich trotz des schwierigen Wegs sehr, sehr hoffnungsvoll. Ich wünsche Sofia, dass die OP dauerhafte Linderung bringt und sie keine Schmerzen durch den Harnstau hat.
 
Liebe Herta,
Vielen Dank für deinen ausführlichen Bericht. Ich wünsche Sofia auch, dass sie nun endlich weniger Schmerzen hat. Aber wenn du sie schon 2 Tage nach der OP als "wie ausgewechselt " beschreibst, ist die Hoffnung, eine endgültige Lösung gefunden zu haben, wohl nicht verkehrt. Da fällt dir bestimmt ein Stein vom Herzen, oder?
Alles Gute weiterhin!!!!
 
hallo Inge, hallo Eva,

danke für eure guten Wünsche. Ja wir sind schon sehr erleichtert, alles gut gelaufen, man quält sich nicht mehr mit der Entscheidung und es sieht wirklich nach einer hoffnungsvollen Lösung aus.

Als in den letzten 15 bis 18 Monaten die konservativen Maßnahmen allmählich versagt haben, wurde es immer kritischer. Doch diesen Befund kannten wir ja noch gar nicht. Tappten also völlig im Dunkeln was los ist mit Sofia.

lg Herta
 
hallo Inge, hallo Eva,

danke für eure guten Wünsche. Ja wir sind schon sehr erleichtert, alles gut gelaufen, man quält sich nicht mehr mit der Entscheidung und es sieht wirklich nach einer hoffnungsvollen Lösung aus.

Als in den letzten 15 bis 18 Monaten die konservativen Maßnahmen allmählich versagt haben, wurde es immer kritischer. Doch diesen Befund kannten wir ja noch gar nicht. Tappten also völlig im Dunkeln was los ist mit Sofia.

lg Herta
Hallo Herta,
habe soeben deinen Bericht gelesen und sehe viele Parallelen zu meiner Tochter Petra. Diese nächtlichen Unruhe- und Schmerzzustände erleben wir auch schon viele Jahre. Trotz der vielen Behandlungen(Botox, Medis) konnte ihr noch nicht wirklich geholfen werden. Ich denke, dass ich unbedingt diese Möglichkeit der OP in Betracht ziehen muss. Ich würde mich freuen über einen persönlichen Austausch.
Alles Gute noch für Sofia,
lg Gaby
 
hallo Gaby,

gern können wir uns dazu konkret austauschen. Vermutest du, dass deine Tochter ein Problem mit dem Wasserlassen hat oder ist es schon durch Untersuchungen bestätigt?

lg Herta
 
Hallo Herta, sie hat schon mehrmals Botox für die Blase bekommen, das hält nicht sehr lange an und ist immer ein Krankenhausaufent.Sie hat schon sehr lange Probleme beim Wasserlassen.Ich schreibe hier mal meine Mailadresse.
g-danzeisen@gmx.de
LG Gaby
 
Liebe Herta,
vielen lieben Dank für deinen ausführlichen Bericht. Alles Liebe und Gute für Sofia.
Wir kennen das "Einhalten" bei Lisa auch.
Ob es auch eine Spastik ist....daran habe ich noch nicht gedacht....
Vielleicht sollten wir das mal an Prof Wilken weitergeben? Hast du Kontakt mit ihm?
Liebe Grüße
 
hallo Petra,

nein, ich habe leider keinen persönlichen Kontakt zu Dr. Wilken.

Allerdings melden sich allmählich immer mehr Eltern zu diesem Thema.

Ja ich finde es eine gute Idee grundsätzlich Dr. Wilken darauf anzusprechen. Wenn du einen direkten Kontakt hast zu ihm, würde mich sehr !!! interessieren was er dazu äußert.

Ich kann dir gerne noch weitere Details der Untersuchung per Mail schicken als Grundlage für die Anfrage bei ihm.

lg Herta
 
Liebe Herta,
ja das kannst du gerne machen.
Ich würde es dann an Prof.Dr.med.Wilken senden.
Liebe Grüße
Petra
 
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