Was hat die Diagnose bei euch geändert?

RomanaM

Well-Known Member
Hallo ihr lieben!
Mich hat eine Betreuungsperson eines Mädchens angeschriegen, die glaubt, in dem Mädel einen Rett-:engel_29: zu sehen, vielleicht könnt ihr ja auch mal versuchen auf ihre Fragen zu antworten:

"also, das Mädchen, von dem ich meinte (und meine) dass sie das Rett-Syndrom hat, ist bisher gar nicht als solches diagnostiziert, bzw. nicht mal getestet worden.

Was meinst du, sollte sie getestet werden (würde das etwas für sie verbessern- bzw. die Eltern oder eher verschlimmern???)

und wenn ja, wie bringe ich Eltern und Kinderarzt dazu, das genau so zu sehen und vor allem zu tun?

Wie funktioniert so eine Chromosomen-Bestimmung und wer zahlt sie usw."
 
Meine Antwort für sie war:

"mhm ... naja - zumindest ist man dann irgendwo zugehörig (zB der Selbsthilfegruppe und findet Austausch und Informationen über therapien, Möglichkeiten u. HIlfsmittel
vorallem aber ist es gut für Beantragungen zB Pflegeld
Hilfsmittel (zB Talker, Rehabuggy, Rollstuhl, Pflegebett, ...), denn das ist für die Behörden etwas leichter, wenn eine fundierte Diagnose drunter steht als ein misch-masch von Mini-Diagnosen (Wahrnehmungsstörungen, Epilepsie, ...)

also manchmal kann es schon sehr hilfreich sein ...

ob es ein vorteil ist oder nicht - naja - ich würd sagen jetz inzwischen schon, weil ich den leuten halt schnell u. einfach erklären kann was sie hat und wo man infos dazu findet ... www.rett.de

bei einer wischi-waschi-diagnose geht das alles nicht soo einfache zu erklären ...

obwohl die wirkliche diagnoselegung damals schon krass war ... ein Gefühl zwischen Himmel u. Hölle .... endlich zu wissen was es ist, aber auch mit der Konsequenz zu sehen, was auf uns zukommen KANN (!! kann!!)
 
Hallo Romana,
Also ich war immer diejenige die gesagt hat " Ach, lass uns mit der Suche aufhören, es hat ja keine weitere Relevanz für die Therapien, etc.". Es wurde bei Lisa ja sogar das Rett Syndrom erstmal ausgeschlossen, von einer Humangenetikerin, die zwar eine Mutation auf dem MECP 2 Gen gefunden hatte, aber diese bisher einmal ist ( inzwischen weiss ich, dass die Mutationen beim Rett spontan sind und häufig einmalig...) und sie es somit nicht bestätigen konnte. Auch hat Lisa keine Epilepsie und keine Schrei und Lachattacken...das war für sie auch ein Ausschlussgrund.
Lange Rede, kurzer Sinn, es hat mich trotzdem nicht losgelassen.
Vor allem die Tatsache, dass sie 'plötzliche' viele Dinge verlernt hatte und diese auch nicht wieder gekommen sind....
Dadurch hatte ich viele, etwas seltsame Gespräche mit dem KiGa, denn sie konnte vieles VOR Eintritt in den Kiga, bzw. auch teilweise zu Beginn teilweise noch, allerdings kam der Kiga Eintritt zeitgleich mit dem Verlernen und dem Beginn der autistischen Phase. Ich habe also den Erzieherinnen ein anderes Kind beschrieben, als sie es erlebten....denn ich ging davon aus, dass die Rückschritte mit dem Kiga Eingritt zusammen hängen und unserem gleichzeitigen Umzug.

Die Therapeutinnen haben mich teilweise schon sehr ungläubig angeschaut wenn ich sagte, dass sie Bobbycar fahren, allein Trinken, sich allein aufsetzen etc. Weil sie das im Kiga schon nicht mehr zeigte...

Nachdem wir eine Suchpause eingelegt hatten, bin ich dann doch wieder, durch Zufall auf das Rettsyndrom gestossen und siehe da, anhand des inzwischen passierten Entwicklungsverlaufs und des Kritienkatalogs ( zzgl. Der Mutation auf dem MECP2Gen) gehen wir davon aus, dass sie das Rett Syndrom hat, zumindest gibt es nichts was es zur Zeit ausschliesst. Die Diagnostik findet Ende Februar bei Prof Wilken statt.

Da ich davon überzeugt bin, dass Lisa das Rett Syndrom hat, habe ich einige Therapeuten informiert und siehe da, es scheint das Bild Lisa klarer für sie zu machen. Die Ergotherapeutin hat jetzt einen anderen Blick auf ihre Handstereotypie, die KG glaubt mir nun endlich dass es bei Lisa tatsächlich motorisch deutliche Rückschritte gab, die auch für mich schwere zu begreifen waren und wenn ich nun irgendwo wegen Lisa anrufe, die sie noch nicht kennen, kann ich endlich sagen dass sie das Rett Syndrom hat und muss nicht stundenlang erklären was sie hat oder nicht hat.....

Für mich ist es wider erwarten eine grosse Erleichterung und ich habe das erste Mal das Gefühl, dass es eine Gruppe gibt, die versteht was ich von Lisa erzähle. Ich habe sehr viel Kontakt zu Eltern mit behinderten Kindern, aber irgendwie sind das immer andere 'Baustellen'. Vor allem hat mich dieses Erklären mit den Rückschritten sehr belastet, vermutlich weil ich selber nicht verstehen konnte. Jetzt kann ich einfach sagen, dass es zu dem Syndrombild gehört - fertig. Genauso wie das massive Zähneknirschen, die Handstereotypie, dem vermehrten Speicheln etc.

Sogar bei unserer Kinderärztin hatte ich das Gefühl, dass es für sie eine Erleichterung ist zu wissen was mit Lisa los ist. Sie hat sich inzwischen entsprechend informiert und geht anders mit unseren Ängsten/Befürchtungen um (Angst vor Epilepsie, die sich ja häufig in Lisas Alter entwickelt, Skoliose)...

Puh, das war jetzt viel länger geschrieben als geplant :D

Resümee, für mich: ich bin überrascht wie sehr mich die Diagnose entlastet hat, ich habe nicht mehr diesen Zwang des Erklärens... Sie hat das Rett Syndrom und basta, damit kann dann mein Gegenüber machen was er möchte...nachfragen, nachlesen, oder eben auch nicht..

Liebe Grüsse,
Esther
 
Zurück
Oben