Wie angemessen verhalten bei Wutanfällen?

Rowennah

Registrierter Benutzer
Hallo,

mein Betreuungsmädchen (15) hat, wie wahrscheinlich die meisten Rett-Kinder, auch Wutanfälle, in denen sie auto- und/oder fremdaggressiv wird.

Ich will euch mal schreiben, wie ich damit umgehe, in der Hoffnung, da von euch etwas Rückmeldung zu bekommen, was gut ist, was nicht so gut, was ich noch ausprobieren könnte, usw.


Auslöser ist meistens, wenn etwas nicht so schnell klappt, wie sie möchte (sie ist seeehr ungeduldig!), ich sie zu etwas überreden will, wozu sie keine Lust hat (z.B. trinken, wickeln) oder wenn sie andere Kinder trifft, die sie nicht mag.
Dann geht sofort die Hand in den Mund, es wird geschrien und gebissen.

Nun gibt es an unserer Schule die unterschiedlichsten Ideen, wie man damit umzugehen hätte (ich bin ja relativ neu und habe mich mal umgehorcht) - angefangen von "ihr die Hände aus dem Mund ziehen" über "Hände festbinden" bis hin zu "ihr einen Schwamm in den Mund stecken, damit sie da drauf statt in die Hand beißt".
Ich habe festgestellt, dass sie immer schlimmer brüllt und beißt, wenn ich ihr die Hände festhalte. Sie verletzt sich dabei ja auch nicht ernsthaft (mittlerweile hat sie eine dicke Hornschicht an der Stelle), so dass man das Beißen meiner Meinung nach auch nicht unbedingt verhinden MUSS.
Ihr irgendetwas in den Mund zu stecken, widerstrebt mir völlig. Das empfinde ich schon fast als übergriffig. :confused:

Momentan mache ich es so: Wenn sie aus Unsicherheit oder Überforderung so drauf ist, tröste ich sie und lenke sie ab.
Wenn sie aber bloß total bockig ist (meine Güte, sie ist mitten in der Pubertät, da bockt jeder rum, ich war mit 15 auch eine Zicke! :D ), dann zeige ich ihr, dass dieses Verhalten bei mir keine Wirkung erzielt, indem ich mich wegdrehe und sie ignoriere. Oft kommt sie dann zu mir und zieht mich am Ärmel, weil sie möchte, dass ich sie wieder anschaue und mir ihre Beißerei ansehe. Wenn das nicht fruchtet, hört sie irgendwann auf und ich wende mich dann sofort wieder freundlich zu ihr.

Anders, wenn sie fremdaggressiv wird (an Haaren/Klamotten reißen, hauen), dann halte ich tatsächlich ihre Hände fest und sage "NEIN, das tut weh, das darfst Du nicht!" Zu 99% brüllt sie dann erst richtig los. Dann ermahne ich sie einmal ("Wenn Du weiter so rumschreist, musst Du rausgehen!", fruchtet das nicht, schicke ich sie wirklich vor die Tür. Dort schreit sie meist noch ein paar Minuten und wird dann ruhiger, dann gehe ich freundlich zu ihr und hole sie wieder rein und beschäftige mich mit ihr. Ich hoffe eben, dass sie damit versteht, dass so ein Verhalten in der Gruppe unerwünscht ist und sie sich anders (ruhiger) mitteilen soll.

Wie gesagt: Wenn A. wütend oder traurig ist, ist das völlig in Ordnung, sie soll nur begreifen, dass 1. autoaggressives Verhalten erfolglos bleibt und 2. fremdaggressives Verhalten sofort die "Strafe" nach sich zieht, dass sie aus der Gruppe ausgeschlossen wird.
Ich bemühe mich, ihr zu zeigen, dass nicht ihre Stimmung die Konsequenzen verursachen, sondern nur ihr Verhalten - schlechte Laune darf sie ja haben.


Habt ihr da Rückmeldungen, Kritik, Ideen für mich? Das ist nämlich echt ein heikles Thema, finde ich.


LG
 
ich finde du machst das sehr gut ... und du schreibst ja auch, sie reagiert drauf adäquat, dh sie versteht sehr wohl, was du damit bezwecken willst ..

wir hatten im frühling bei unserer 6,5 jährigen isa ähnliches erlebt ... meistens morgens beim frühstück ... dh bei uns, ich bin mit allen 3 mädels alleine am frühstückstisch und oftmals fehlt halt auch nch das eine oder andere dings ... und isa muss halt warten, bis ich zeit hab sie zu füttern ... ist halt so ... kann ich nicht ändern ... morgens ist ja meistens irgendwie chaos ...

und diese situation hat sie offensichtlich sooo genervt, daß sie regelmäßig kurz vorm frühstück begonnen hat eine filmreife schrei-plärr-spinn-szene hinzulegen ... (da sie gleich im bett, also ca. 30 min vor frühstück ihren kakao im flaschi trinkt, weiß ich das das NICHT nur hunger sein kann, sondern auch der 6jährige Dickschädel ...)

ich wußte mir einige zeit nicht zu helfen und bin drauf reingefallen, hab sie getröstet ... getragen manchmal auch während des tragens gleich zu füttern begonnen (während ich den tisch fertig gedeckt hab ... jaja das chaos lebt) usw. ...
hat der madam aber auch nicht gefallen, sie hat trotzdem geplärrt ...

nach einigen wochen hab ich beschlossen, mich diesem nervenaufreibenden kampf anderweitig zu stellen ... sobald sie damit begonnen hat, hab ich sie samt therapiestuhl vom tisch weggedreht, sodaß ihre Aussicht auf den Kühlschrank ging und sie mit den Worten: "Wenn du fertig bist, kannst mit uns frühstücken" nicht mehr beachtet ... das dauerte dann so 3 min und dann hatte sie sich sehr schnell beruhigt und war der sonnenschein der nation ... nach 3 Tagen war der Spuk vorbei ... der bann gebrochen ...

wir behandeln unsere rett-mädels in soo vielen situationen altersgerecht und trauen ihnen immer zu, sie kriegen alles mit und verstehen alles - warum nicht auch in solchen situationen??

bei dem chaos das sich bei uns manchmal aufgrund der 3 Mädels ergibt, bleibt mir oftmals gar keine andere chance, als sie gleich oder "normal" zu behandeln - im Rahmen ihrer möglichkeiten halt - "geh raus und komm rein, wennst fertig bist ..." wär übertrieben - schon klar - aber zumindest ähnliches Vorgehen ...

und einem mädchen was in den mund zu stecken, anstatt der hand find ich auch übergriffig ... du könntest ihr eventuell einen kauersatz anbieten ... isa hatte mal so einen Kauschlauch für eine weile an einem schlüsselbandl um den hals, darauf konnte sie stundenlang herumbeissen ... der hielt echt was aus und sie hat diese gewohnheit dann auch wieder abgelegt ... sowas war das kuck hier, hieß Chew Ease - war wirklich genial!
 
Hallo, ich finde auch, daß Du das sehr gut machst. Unsere Mädels verstehen sehr wohl, wenn sie sich "falsch" verhalten. Auch sie brauchen eine Art Erziehung :nono_2:, auch wenn das Wort vielleicht hart klingt. Sie können lernen, sich adäquat zu verhalten, nicht immer, aber immer öfter :happy09::hop:
Und sie müssen merken, daß wir konsequent sind, dann lernen sie auch die Grenzen kennen. Wie gesagt, es klappt nicht immer....aber immer öfter :D. Und Pubertät ist wirklich schwierig, ich kann zur Zeit ein Lied davon singen:ham:
Viele Grüße
Petra.
 
Meine Gedanken dazu

Unsere Tochter Carina war lange Zeit bei einer Montessori-Therapeutin: auch in einer Zeit, in der sie sehr aggressiv und frech uns gegenüber war: Haare ziehen, hauen, Brille von der Nase reissen usw. Unsere Therapeutin hat uns dann ins Gewissen geredet mit dem Satz: "Auch Ihre Tochter hat ein Recht auf Erziehung" .. also nicht, dass wir das machen müssen, sondern dass Carina wie jedes gesunde Kind auch ein Recht darauf hat.

Ich bin mir sicher, dass Dein Rett-Mädchen genau weiss, was sie darf und was nicht ... man muss daher auch in diesen Erziehungsfragen "normal" mit ihr umgehen ... das hat bei unserer Tochter gut geholfen

Liebe Grüße

Charlotte mit der frechen Hex Carina
 
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