Hallo Sabine,
Hallo alle zusammen
ich will es also versuchen, meine Gedanken zum Thema "Spielen mit Mengen und Zahlen" hier aufzuschreiben. Wer mich kennt, weiß das ich gerne Dinge aus Haushalt und Baumarkt verwende. Man braucht also ein bißchen Phantasie, wenn man meine Beschreibung verstehen will. Und manchmal sehen die Sachen nicht sehr schön aus, können und sollten aber mit Farbe und kleinen netten Dingen wie Stickerbilder, Blümchen usw. aufgepeppt werden.
Die erste Frage, die ich mir stelle ist: wie erfährt ein sehr kleines Kind Menge? Größe? Gewicht?
Meine Antwort lautet: über das Auge, das Ohr und die Hand. Das Auge erfasst die Menge oder Größe -die Hand das Gewicht. Das Ohr ist ein wichtiges Organ. Ein kleines Kind erfährt nämlich den Begriff durch unser ausrufen: "poah, ist das groß oder viel" oder erstaunt: "oooh, das ist aber klein oder wenig" oder aber stöhnend. "mann, das ist aber schwer", erstaunt sagen wir: "ha, das ist aber leicht". Was das Auge sieht, bekommt durch das was das Ohr hört eine Bedeutung.
Nun möchte ich Menge hörbar machen. Hierfür nehme ich eine Gugelhupf-Backform. Diese ist praktisch mein Resonanzkörper. Durch ihre Wellenform klingen Gegenstände wie Murmeln, Nüsse, Reis, Erbsen, Kastanien, kleine Bälle, Tennisball, Holzkugeln usw. sehr interressant wenn sie hin-und hergerollt werden. Ich kann also das Ohr erreichen. Die Öffnung ist zum Befüllen groß genug, dass auch ein Rettmädchen (manche mit, manche ohne Handführung) die Form befüllen kann. Die Form wird mit den Händen (evtl. mit Hilfestellung) nun bewegt. Schlimmstenfalls, was auch sehr lustig und manchmal gewollt sein kann, kreiselt der Gegenstand aus der Form. Mit den dazu passenden verbalen Äußerungen vermitteln wir ein Gefühl für viel - wenig, groß - klein, leise - laut
Wer möchte, kann diese Dinge über den All-Turn-in Spinner auswählen lassen.
Wir haben Hand-Auge-Koordination, erreichen das Ohr, bringen etwas durch eigene Motorik in Bewegung und haben Spaß mit wenig Aufwand.
Das Spiel kann durch einfache Regeln gesteigert werden.
zwei Spieler - zwei Backformen, wichtig das jeder seine Form hat. Oft sind unsere Kinder gehandicapt, weil sie in dem Moment wo sie aktiv werden möchten und können, sich der Gegenstand beim Partner befindet. Außerdem übernimmt der andere dadurch automatisch eine Spiegel- und Vorspielfunktion, die nicht zu unterschätzen ist.
Spielregel: du hast wenig (klein, leise) - ich habe viel (groß, laut)
wer dran ist, kann mit dem All-Turn-in-Spinner ausgewählt werden. Das passende Symbol wäre dann z. B. eine Murmel - viele Murmeln usw.
Es können auch passende Spielkarten gebastelt werden. Auf einigen Karten wird nur eine Kugel (Nuß, Murmel usw.) gemalt, auf den anderen viele Kugeln(Nüsse, Murmeln usw.). Aus einem Stapel verdeckter Karten wird gezogen, was dran ist, bzw. wer seine Form kreiserln lassen darf.
Immer soll die Form gefüllt, mit den Händen bewegt und anschließend geleert werden.
Eine Steigerung kann man erzielen, wenn mehrere Gegenstände zur Auswahl stehen. Diese Gegenstände könnte man in Schachteln einsortieren. Kleine Schachteln - wenig (klein, leicht), größere Schachtel - viel (groß, schwer).
Die Schachteln könnten bemalt und auf einem Brett geklebt werden. Wird das Brett leicht unterkeilt, kann das Kind besser hineinschauen und hineingreifen.
Bei allen Spielregeln ist es wichtig, dass ich das Eigenschaftswort "viel - wenig - klein- groß-usw." immer am Satzende erwähne. Dann kann es sich einprägen und bekommt einen direkten Bezug zu dem was ich vermitteln möchte. Beispiel: was möchtest Du haben
viel?
die Karte zeigt klein
schlechtes Beispiel: du hast Dir viel aus der Schachtel ausgesucht
Es sollte nicht der Gegenstand erwähnt werden, da ja der Begriff Menge im Vordergrund steht
Jeder kann sich bestimmt noch viele eigene Regeln aussuchen. Die Gegenstände und Schachtelgröße können ganz individuell für das Kind ausgesucht werden. Die Backform bekommt durch Glitzerfolie oder Klebebilder auch noch mal ein schöneres Aussehen. Sind die Schachteln auf einem Brett geklebt, hat das Ganze einen besseren Halt. Ich habe die Erfahrung gemacht, das es wichtig ist, dass die Spielgegenstände gut fixiert sind und nicht immer gleich hinunterfallen
Jetzt zu den Spielregeln mit Zahlen.
In fünf Schachteln in fünf aufeinander folgenden Größen (auf einem Brett geklebt s. o.), sortiert man die Gegenstände nach der Anzahl und versieht diese mit der dazugehörigen Zahl davor. Zahl 1 - eine Kastanie, Zahl 2 - zwei Kastanien usw.
Spielregeln:
Kastanie in die Backform, dabei zählen - Backform bewegen, vielleicht nur einmal kreiseln lassen, dabei zählen- Kastanie herausnehmen - in die Schachtel einsortieren; zwei Kastanien abzählen - Backform zweimal kreiseln lassen,dabei zählen usw.
erschwerte Spielregel:
Auswahl durch den All-Turn-in-Spinner oder Karte mit der entsprechenden Zahl und Anzahl des Gegenstandes
Die Spielregel können ähnlich wie oben beschrieben sein. Man kann mit mehreren Spielern spielen, verschiedene Gegenstände in die Schachteln einfüllen usw.
Auch bei diesen Spielen ist es wichtig, den Satz immer mit der Zahl zu beenden
Will man die Motorik noch ein bißchen mehr üben, könnte man folgendes machen:
aus einer einfarbigen Folie (oder Plastiktischdecke, gibt es im Baumarkt) schneidet man einen Kreis, dessen Duchmesser ca. 10 cm größer ist als die Backform. Am Rand des Kreises näht man nun mit einfachem Steppstisch (auf und ab) eine Naht mit einem dicken Band (Stopfnadel verwenden). Die Enden des Bandes lang genug lassen. Den Kreis legt man über die Form und zieht die Bänder zu. Auf diesen "Deckel" wird ein Kreis markiert, der den Durchmesser eines Trichters von einer Babyflasche hat. Den markierten Kreis sternenförmig einschneiden und den Flaschentrichter einkleben. Das Füllen durch den Trichter ist schon eine Herausforderung. Ich gehe immer davon aus, dass eine Handführung bei den meisten Mädchen notwendig ist. Die Hand-Auge-Koordination wird hierbei mehr geübt. Natürlich sieht man den eingefüllten Gegenstand nicht mehr. Aber es ist eine andere Erfahrung, dass etwas immer noch Geräusche verursachen kann, was nicht mehr sichtbar ist.
Zum Schluß noch etwas, dass ich als ganz wichtig empfinde. Bei jedem Spiel gibt es einen Gewinner oder einen Gewinn. Auch unsere Mädchen sollten in einen besonderen Genuss kommen. Denn alles Spiel soll nicht nur lernen sein. Beim All-Turn-in-Spinner oder bei den Karten könnte ein "Joker" dabei sein. Dafür gibt es etwas "Süßes" oder was das Kind mag (vielleicht auch gekitzelt werden). Eine Belohnung durch "Zufall" (dem man ein wenig nachhelfen kann) ist schöner als eine Belohnung die man sich "verdienen" muß, wenn die Anforderung zu hoch ist.
Noch ein Schlußwort aus einem sehr schönem Buch von Jannik Beyer und Lone Gammeltoft "Autismus und Spielen" , Beltz -Verlag ISBN 3-407-55833-3
Spielen ist eine soziale Dimension des Lebens, die logisch oftmals nicht zu erklären ist.
Euch allen einen schönen Tag
Birgit