Ehepaar will auf eigenem Grundstück Heim errichten lassen, in dem Sohn und vier weitere Behinderte leben können - SPD und Grüne lehnen das Vorhaben ab - Nachbarn stellen Gegenantrag - Vorwurf der Bereicherung
Lessenich-Messdorf. Ein Haus für behinderte Menschen soll es werden. Ein Haus, in dem sie betreut werden, aber weitgehend selbstbestimmt leben. Fünf Schlafzimmer, jedes mit einem kleinen Bad. Im Keller können die Bewohner kickern. Es gibt einen kleinen Raum für Feiern - und einen Garten. Und einmal im Jahr fahren alle im hauseigenen Bus in den Urlaub.
So ähnlich stellen sich Hubert und Ursula Chrysant das Umfeld vor, in dem ihr 32-jähriger geistig behinderter Sohn nach ihrem Tod leben soll. Doch aus Politik und Nachbarschaft gibt es Vorbehalte gegen das Vorhaben der kleinen Familie, die nichts mit dem ehemaligen Gartencenter zu tun hat.
Neben dem Grundstück, auf dem das Wohnhaus der Familie steht, besitzt das Ehepaar ein weiteres, auf dem das Haus für die Behinderten gebaut werden soll. Den Rest der beiden Grundstücke, der landwirtschaftlich genutzt wird, wollen die Chrysants verkaufen - um das Haus für die Behinderten bauen und unterhalten zu können.
"Wenn alles auf den Weg gebracht ist, soll unser Geld in eine Stiftung fließen, die zu diesem Zweck gegründet wird", sagt Chrysant. Es gehe nicht darum, sich zu bereichern. Im Gegenteil: "Wir wollen unseren Sohn gut versorgt wissen, aber auch anderen helfen. Denn es besteht ein Mangel an Plätzen."
Um das Projekt in die Tat umzusetzen, hat das Ehepaar einen Bürgerantrag gestellt: Erstens wünschen sie sich die Genehmigung für den Bau des Hauses. Und zweitens soll auf den Grundstücken das Bauen erlaubt werden - um sie verkaufen zu können.
Das gestaltet sich schwierig: Im November 2006 wurde der Antrag im Bürgerausschuss diskutiert - und vertagt. Genau wie im Planungs- und im Hauptausschuss. Jetzt stand der Antrag wieder auf der Tagesordnung von Planungsausschuss und Bezirksvertretung (BV). Und stieß bei SPD und Grünen auf Ablehnung. "Wir dürfen keine Ausnahme machen", sagte Karl Uckermann von den Grünen. "Wir können nicht helfen, der Regierungspräsident ist Herr des Verfahrens, nicht wir", so SPD-Ratsherr Werner Esser.
Das sahen Unionspolitiker ganz anders: "Das ist eine vorbildliche Sache, der wir uns nicht verschließen dürfen", sagte Harald Wendlberger. Die Diskussion sei scheinheilig, ergänzte Heinz Hentschel: "Bei Asbeck sind Ausnahmen okay, und jetzt nicht." Gegen die Stimmen der Grünen und bei Enthaltung der SPD passierte der Antrag den Planungsausschuss, in der BV wurde er abgelehnt - von SPD und Grünen. Unter anderem, "weil die Bebauungsgrenze nicht ausgefranst werden soll", so Herbert Spoelgen. Am Donnerstag befasst sich der Hauptausschuss mit der Thematik.
Dort wird den Politikern ein Antrag vorliegen, in dem sich die Nachbarn gegen den Plan aussprechen. Die Gleichbehandlung aller Bürger sei wichtig - egal ob wohlhabend oder nicht. Es müsse garantiert werden, dass sich die Eheleute, an deren Aussage die Nachbarn zweifeln, nicht bereicherten. Es solle darüber nachgedacht werden, dass weitere Bebauung zusätzlichen Verkehr bedeute - und die Aussicht beeinträchtigt werde. Außerdem könnten die Behinderten anderswo untergebracht werden.
"Wir haben kein anderes Bauland", sagt Ursula Chrysant, die noch erleben möchte, dass es ihrem Sohn in seinem neuen Umfeld gut geht. Jetzt wartet das Ehepaar auf die Entscheidung des Hauptausschusses: "Wir hoffen, dass das gut geht. Wenn nicht, wissen wir nicht mehr weiter", sagt die 55-Jährige.