Alternative Wohnformen

Hallo Inge,

das wäre jetzt ein ganz neues Thema:

Was kann ich den Leistungs- und Einrichtungsträgern (und dem Gesetzgeber) glauben? :D
Da wird oft geschwindelt, dass sich die Balken biegen :rolleyes:.

Liebe Grüsse
Rosmarie :blume76:
 
Hallo,

bei lebenlernen, wo Linda demnächst einzieht, gibt es die Wohngruppen und an beiden Standorten jeweils einen Tagesförderbereich. Das Personal aus dem Tafö arbeitet nicht in der Wohngruppe und umgekehrt. Allerdings ist der Tagesförderbereich jeweils auf dem gleichen Gelände.
Die Einrichtung hat diese Bereiche geschaffen, damit Bewohner, die außerhalb keinen Werkstattplatz bekommen, trotzdem die Möglichkeit eines zweiten Lebensbereichs haben.
lebenlernen steht aber auch auf dem Standpunkt, ein externer Werkstattplatz wäre wesentlich besser. Und das sehe ich auch so. Im Moment bin ich froh, dass Linda noch bis 2010 in die Schule gehen kann, also noch etwas Zeit ist...
 
:dankeschö Rosmarie,

das ist ein guter Link. Diese Infos könnten einen doch noch zum Auswandern bringen :Kratzkopf
 
Hallo Inge,

wenn ich so was lese, könnte ich nur noch heulen. Warum kriegen wir das hier nicht gebacken?
Auswandern wäre gut. Ab einem bestimmten Alter wird das ein wenig schwierig mit den Jobs und bis zum Rentenalter (da ginge es auch wieder) ist es noch lange hin.
Höchsten ein paar "Wesemichhöfe" gründen. Platz gibt es ja genug. Aber ich hole Dich dann immer zum Hühnerrupfen und so ................ :z01:
Weitere Auswanderungswillige können sich sofort bei uns melden. :rolleyes:

Liebe Grüsse
Rosmarie :blume76:
 
Hallo zusammen,

ja, Schweden hat meines Erachtens schon eine Vorbildfunktion, wobei ich mir fast sicher bin, dass die in dem Vortrag erwähnten Beträge noch versteuert werden müssen, und evtl. müssen auch noch Sozialversicherungen gezahlt werden. Trotzdem bin ich der Überzeugung, dass die Eltern von behinderten Kindern dort generell eine wesentlich größere Unterstützung erhalten als wir hier.

Was mir besonders gut gefällt: in Schweden (eigentlich generell in Skandinavien) sind Menschen mit Behinderung ganz normale Mitbürger, die einen höheren Hilfebedarf haben - und diese Hilfe auch bekommen!
Die Menschen haben die Möglichkeit, unter verschiedenen Hilfeformen frei zu wählen, während hier alles "von oben" gesteuert wird und eine intensive Unterstützung mit dem Verweis auf "unverhältnismäßige Mehraufwendungen" abgeschmettert wird. Dies geschieht insbesondere bei Menschen, die nicht in der Lage sind, sich auf die übliche Weise verbal zu äußern.

Aber ich glaube auch, dass hier in Deutschland der Ruf nach diesen Wohnformen immer lauter werden wird.
 
Vortrag von Prof. Klaus Dörner vom 16.02.08

Hinweis auf die Zusammenfassung des Vortrags von Prof. Klaus Dörner, im Forum der Regionalgruppe Nord, was zu unserem Thema passt:
Am 16.02.08 wurde im Rahmen des Tagestreffens der Regionalgruppe Nord der Nachmittag mit einem Vortrag von Prof. Klaus Dörner und anschließender Diskussion bestritten.
Im Mittelpunkt des Vortrags stand auf Wunsch unserer Gruppe das Thema „alternative Wohnformen und die Mobilisierung nachbarschaftlicher Hilfen“. Einführend beschrieb der Referent den geschichtlichen Hintergrund der Institutionalisierung (Heime) und Professionalisierung der Pflege seit etwa 1880 und die Herausforderung dieses Hilfesystems durch das explosive Wachstum des gesamtgesellschaftlichen Hilfebedarfs in den letzten beiden Jahrzehnten. Das Bröckeln des Heimsystems und die Chance, neue Wohnformen ins Leben zu rufen, macht Prof. Dörner anhand von Beispielen deutlich. In diesem Zusammenhang stellt er einerseits die Bezahlbarkeit der Profileistung und andererseits die Verlagerung auf Leistungen durch Ressourcen aus dem bürgerschaftlichem Engagement nebeneinander und betont das Zusammenwirken von wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Kräften.
Mit der Abnahme staatlicher Leistungen geht nach Prof. Dörners Diagnose das Phänomen zunehmenden sozialen Engagements seitens der Bürger einher. Mit der Wiederbelebung nachbarschaftlicher Beziehungen entsteht wieder ein „dritter Sozialraum“ zwischen dem rein privaten Bereich und den „großen“ öffentlichen Räumen (Staat, Markt, Massenmedien).
Dieser „dritte Sozialraum“ birgt Möglichkeiten, in dem Modell der „ambulanten Wohnpflegegruppe“ Profileistungen und bürgerschaftliches Engagement wirkungsvoll zu verbinden – wobei Prof. Dörner nicht verschweigt, dass es auch in diesem Rahmen eine Herausforderung darstellt, die Kontinuität und die Qualität der (pflegerischen) Hilfe zu sichern.
Das gilt nicht zuletzt, weil die staatlichen Kostenträger die neuen Wohnformen nur unterstützen, wenn sie kostengünstiger sind als die sog. „vollstationäre Unterbringung“, sprich: die Pflege im Heim. Ohne die von dieser Seite gewünschten Einsparungen zu verschweigen, sieht Prof. Dörner in den neuen Wohngruppen aber vor allem eine Lebensform, in der die bürgerlichen Freiheitsrechte von Menschen mit erhöhtem Pflegebedarf wieder mehr respektiert werden können, als das im Heim möglich ist.

Dieser Vortrag hat für mich als Mutter einer noch recht jungen Rett- Tochter bewirkt, mich mit dem Thema „Wo wird meine erwachsene Tochter wohnen“ mehr zu beschäftigen. Vor allem hat er mich ermuntert, nicht nur ein „Wunschmodell“ für das zukünftige Wohnen meiner Tochter zu erträumen, sondern auch aktiv mitzuwirken, dass der Wunsch eine Umsetzung findet.
Kurzum: ein gelungener Beitrag, von dem wir viel Anregung mit nach Hause nehmen durften.
 
Hallo zusammen,

in der Lebenshilfe-Zeitung war im September 2007 ein Bericht von Dr. Jutta Hildebrand über das Wohnen mit dem Persönlichen Budget: Ritas neues Leben
 
Wohnen in Norwegen

Hei ,
Inge hat mich gebeten mal etwas über die Wohnverhältnisse für Behinderte in Norwegen zu sagen.
Bei uns ist es so das man, wenn die Mädchen noch zu Hause wohnen einen Antrag auf 'Entlastung' (mir fällt nicht ein wie man das auf deutsch wohl nennt!) stellen. Dann kann das Kind z.B. ein Wochenende in eine andere Familie oder in eine kommunale Einrichtung fahren. Die Kommunalen Plätze sind meistens in Gemeinschaften wo sich mehrere Kinder gleichzeitig aufhalten und von qualifizierten Personal betreut werden. Man kann das Engelchen aber auch bei privaten unterbringen, die aber von der Behörde anerkannt werden müssen und auch von der Kommune bezahlt werden. Unsere Maria ist zwei mal im Monat weg, aber das ist individuell verschieden und die grossen Mädchen sind in der Regel länger weg. Man kann z.B. auch zwei Wochen zu Hause und zwei Wochen auf Entlastung machen.

Es ist ein Vorteil mit der Planung für den Auszug von zu Hause früh zu beginnen. Gerne schon einige Jahre bevor es aktuell ist. Man stellt einen Antrag ( und Anträge stellen hat man ja inzwischen gelernt) und dann weiss die Kommune, im Jahre 200.. braucht diese Person ein zu Hause. Wenn keine Wohnungen zur Verfügung stehen muss vielleicht gebaut werden und die Eltern müssen sich natürlich engagieren so das das eigene Heim so wird wie sie sich das vorstellen. Es gibt Wohnungseinheiten wo jeder eine eigene Wohnung hat, oder Häuserkomplexe die auch Gemeinschaftsareal haben. Bei uns in der Strasse ist ein kleines Reihen haus wo 4 oder 5 autisten wohnen. Die werden dort morgens und abends und nachts versorgt und sind am Tag in ihren jeweiligen Tagesførderstätten. Die Herausforderung ist natürlich das man eine stabile Personalsituation schafft so dass nicht im Laufe der Woche 20 verschiedene Helfer auftauchen. In der Praxis tauchen natürlich oft Probleme auf, weil die Kommune manchmal andere Vorstellungen hat , als die Eltern..
So das war ein kleiner Einblick, ich weiss eigentlich gar nicht so recht wie das alles in Deutschland läuft, gehe aber davon aus das wir verwöhnt sind??
Ulrike
 
Norwegen: Familien-Entlastung und Nachteilsausgleich?

... gehe aber davon aus das wir verwöhnt sind??
Hallo Ulrike,
für Österreich gesprochen, darfst du massiv davon ausgehen, dass ihr äußerst "verwöhnt" seid. Ich sehe die geschilderten Entlastungsmöglichkeiten aber als Mindestforderung. Für einen realen Nachteilsausgleich bzw. Benachteiligungsfreiheit betroffener Familien, wird das auch noch lange nicht reichen. Hier noch zwei Fragen:
  1. Wie ist das für die Zeit der Betreuung in der Familie, gibt es ein angemessenes Einkommen oder informelles Pflegegeld als soziale Transferleistung für pflegende Angehörige, welches einen Verdienstentgang, bzw. eine Existenzgrundlage - insbesondere für Alleinerziehende - darstellt?
  2. Gibt es Persönliche Assistenz bzw. Betreuungs-Entlastung auch in der Zeit des Zuhause-wohnens?
Liebe Grüße aus Österreich, Gerhard
 
Hallo Gerhard,
zu Deinen Fragen:
1. Es gibt hier monatlich einen Betrag für Familien mit Behinderten Kindern, der in 4 Stufen je eingeteilt ist. Der höchste Satz den wohl die meisten Eltern mit Rett Mädchen bekommen liegt bei ca 750,-- Euro im Monat. Dann kann man noch Pflegelohn beantragen aber, die Ordnung mit dem Pflegelohn ist so ne Sache. Da kann jede Kommmune selbst entscheiden ob sie meint man verdient Pflegelohn oder nicht. Die Unterschiede sind sogar in den verschiedenen Stadtteilen von Oslo sehr gross und ich meine das man das noch mal überarbeiten muss... Eine Existenzgrundlage ist das nicht, bei den teuren Lebenshaltungskosten..
2. Man kann jetzt einen sogenannten persönlichen Assistenten anstellen. Wenn die Behörde z.B. meint du brauchst in der Woche z. B. 10 Stunden einen Assistenten dann kann der Behinderte selbst bzw. die Vorgesetzten eine Person einstellen und dann selber bestimmen wann man die Hilfe braucht. Der Assistent kann dann z.B. das Kind zu den Freizeitaktivitäten begleiten.. Ich bin mir allerdings nicht sicher ob man wenn man einen persönlichen Assistenten hat trotzdem noch recht auf 'Entlastung hat'.
Was hier in Norwegen noch verbessern kann ist, das die verschiedenen Hilfeleistungen überall gleich gehandhabt werden. Manchmal kommt es einfach daruf an ob man in einer reichen oder ärmeren Kommune wohnt. Man hört immer wieder in den Medien von Eltern die umziehen weil andere Kommunen bessere Hilfeleistungen bieten.
Ulrike
 
Hallo Ulrike,
hallo zusammen,

:dankeschö Ulrike, dass Du die norwegischen Verhältnisse mal geschildert hast.
Wesentlich besser als hier in Deutschland ist in Norwegen bzw. im ganzen Skandinavien allgemein der "Umgang" mit behinderten Menschen.
In Deutschland werden Menschen, die sich nicht selbst (durch Sprache oder PC) verständlich machen können, häufig (meistens?) als "Pflegefälle" behandelt. Viele Kostenträger wollen diesen Menschen nach dem Auszug aus dem Elternhaus kaum mehr als eine Grundversorgung im Alters- oder Pflegeheim zugestehen.
Dass Menschen mit Behinderung "ganz normal" im Dorf oder in der Stadt mitten drin leben können, ist hier immer noch eine Seltenheit. Wenn geeignete Einrichtungen für behinderte Menschen fehlen, werden die Menschen auch weit weg von ihrem bisherigen Zuhause untergebracht. Es käme niemand auf die Idee, dann ein Haus "nur" für einen einzigen oder einige behinderte Menschen in diesem Dorf zu bauen.
Was allerdings in Norwegen und Deutschland gleich zu sein scheint, ist der große Unterschied zwischen den einzelnen Regionen.
 
Leben mitten in der Gesellschaft - Wird die Zukunft der Behindertenhilfe heimlos sein?

Eine Veranstaltung mit Professor Dörner und Elke Bartz von Forsea am 5. und 6. Juni 2008.
Veranstalter: Johannes-Anstalten Mosbach
Nähere Infos dazu findet Ihr im Flyer
 
Liebe Inge,

Du bist ein Schatz, danke für den Link :love25:.

Ich würde sehr gerne zur Fachtagung nach Mosbach fahren, bekomme das aber zeitlich nicht hin - mein Urlaubsanspruch hat eben auch seine Grenzen. Eine Freundin von mir versucht es einzurichten.

Mittlerweile hatte ich das erste Gespräch bei der hiesigen Lebenshilfe zwecks Gründung einer WG für meine Schöne als Lebensraum. Mitten in der Stadt, mitten im Leben, nahe bei der Familie - individuell, passend, ihr entsprechend.
Das Gespräch verlief sehr angenehm, offen und motivierend. Falls sich die Lebenshilfe entscheidet, das Projekt anzupacken - worauf ich natürlich hoffe -, heißt es Ärmel hochkrempeln. Anfang/Mitte April werde ich mehr erfahren.
 
Fachtagung am 6. Juni 2008 in Marburg

Fachtagung des Vereins zur Förderung der Integration Behinderter e.V. fib "Mittendrin statt nur dabei" am 6. Juni 2008 in Marburg.
Mehr dazu findet Ihr im Programm der Fachtagung
 
Fachtagung "Mittendrin statt nur dabei" am 6. Juni 2008 in Marburg

Sehr innovatives Programm!
Nicht zu entdecken sind für mich aber Ansätze zur Lösung:
  • für schwerstmehrfachbehinderte Menschen mit äußerst eingeschränkten Wahrnehmungs- und Kontaktmöglichkeiten zu Umwelt (basal, Wachkoma, etc.)
  • für "ewige" Babys/Kinder, um es mal so auszudrücken
  • bei der wahlfreien Entscheidung zum Verbleib in der Familie, aus welchen Gründen immer.
Eindruck vom Fachtagungsinhalt insgesamt: Experten machen sich (gute) Gedanken, die Prämisse "Nichts über uns ohne uns" scheint trotzdem noch nicht voll angekommen.
Es geht um das "Profi- System" (Menschen die ihren Beruf darin haben). Unterstützungsformen bei behinderten Kindern, Jugendlichen und Erwachsenen, welche in der Ursprungs- oder Wahlfamilie leben, sind kein Thema.
Vielleicht irre ich mich und sehe das zu sehr aus unserer eigenen Perspektive.

Liebe Grüße
Gerhard
 
Hallo Gerhard,

ich sehe es auch so, dass schwerst- und mehrfachbehinderte Menschen nicht zu
dem Personenkreis gezählt werden, der hier "mittendrin" leben soll.
Dass man schwerstbehinderte Menschen auch heute lieber separiert und am Stadtrand sieht und Pflegewohnheime mit 33 Bewohnern noch als "Meilenstein" betrachtet, kann man unter
http://www.all-in.de/nachrichten/al...euren-lok-fotosand-spatenstich;art2759,320486
nachlesen. Diese 33 Personen sollen in 3 Wohngruppen untergebracht werden.
Am Stadtrand versteht sich. Von Teilhabe und "in der Mitte der Gesellschaft" keine Spur. In der gleichen Ausgabe der Zeitung wird über die Integration behinderter Kinder in die Schulen geschrieben - lernbehinderte und chronisch kranke Kinder, aber doch keine mit hohem Pflegebedarf, die sich nicht äußern können. :annienein

Ich wohne leider an diesem Ort und mache mir größte Sorgen um die Zukunft meiner Tochter.


Liebe Grüsse
Rosmarie :blume76:
 
Hallo zusammen,
hallo Gerhard,

Nicht zu entdecken sind für mich aber Ansätze zur Lösung
das liegt meines Erachtens in erster Linie darin, dass Lösungen zuerst für die Gruppen geschaffen werden (sollen), bei denen es wenig Probleme bei der Umsetzung gibt. Die Umsetzung für das "schwierige Klientel" müssen wir als Eltern und Angehörige einfordern. Wir dürfen nicht nachfragen, ob das möglich ist, sondern wir müssen bei genau diesen Veranstaltungen nachfragen, wie die Möglichkeiten für Menschen mit Rund-um-die-Uhr-Betreuung aussehen werden.

Unterstützungsformen bei behinderten Kindern, Jugendlichen und Erwachsenen, welche in der Ursprungs- oder Wahlfamilie leben, sind kein Thema.
Das wird wohl immer ein eigenes Thema bleiben und in Deutschland nur mit viel Bürokratie über das Persönliche Budget möglich sein. In Österreich.... ?
 
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